Undine, die kleine Meerjungfrau – entlang der alten Geschichte erfindet Franziska Steiof ein Stück für die Singles von morgen
Hör auf zu lieben, was dich umbringt
von Elena Philipp
Undine hat sich in den Prinzen verliebt, den sie vor dem Ertrinken gerettet hat. Nun sehnt sich die kleine Meerjungfrau noch mehr nach der Menschenwelt als schon zuvor. Ihr Vater, König Kühleborn, versucht ihr die Liebe auszureden, denn "Menschen und Meerbewohner, die passen nicht zusammen." Doch Undine hat ihren eigenen Kopf, und dem Prinzen Hans gehört ihr Herz. Sie tauscht bei der Meerhexe für ein Paar Menschenbeine ihr Lachen ein, nur um zu entdecken, dass Hans schon eine Andere hat.
Die "Andere" heißt bei Franziska Steiof zwar Undines Nebenbuhlerin, fremd in der Menschenwelt ist jedoch die kleine Meerjungfrau. Die Andere kennt und befolgt alle Regeln, sie ist eine sichere Bank für den künftigen König Hans. Mit Undine, die tut, was sie will, hat Hans zwar mehr Spaß, aber heiraten will er sie doch nicht. Was soll er mit einem "Fischding", das nicht pünktlich um achtzehn Uhr vierundfünfzig zum Essen erscheint und das die blau gekochten Forellen als ihre kleinen Fischschwestern beweint statt sie zu essen?
Undine, von Hans zurückgewiesen, muss nach dem Meerhexen-Verdikt sterben, falls sie den Prinzen nicht tötet. Sie schont ihn und wird nach ihrem Tod mit einem Dasein als Luftgeist belohnt. Bis hier folgt Steiof der Vorlage von Hans Christian Andersen, während sie die Aufwertung der Dreiecksgeschichte der "Undine" von Friedrich de la Motte Fouqué entlehnt. Der Autorin gelingt jedoch ein ganz eigenständiges glückliches Ende: Undine entdeckt, dass sie die Liebe zu Hans hinter sich lassen kann. "Man muß nichts lieben, was einen umbringt", das haben Undines Schwestern ihr ganz richtig versichert. Undine fordert von Hans ihr Herz zurück.
Eine Trennung, das Scheitern der ersten großen Liebe? Ein Drama, aber das Leben geht weiter, anders und besser. Solange man dem eigenen Herzen treu bleibt, statt den gesellschaftlichen Konventionen zu folgen, entwickelt man sich weiter und kann glücklich werden. Ein Stück für die Singles von morgen? Vielleicht. Aber vor allem ein rundes Stück Jugendtheater, dem die von Steiof eingeschalteten Liebeslieder oder Abschiedssongs poetische Tiefe verleihen. Nur für die Jungs bleiben wenig positive Identifikationsfiguren: Wer will schon ein lauer Hans sein?
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