Seeing Lawinky
Sonntag, 16. Mai 2010
Heute Abend nicht Tatort Mülheim, sondern "Münster Tatort" mit Axel Prahl und Jan-Josef Liefers im Ersten. Chips auf dem Tisch, Wicküler in der Hand. Gute zehn Minuten sind im "Tatort: Fluch der Mumie" vergangen, da taucht erstmals der Justizvollzugsbeamte Josef Bausch auf:
20:25 Uhr
"Hey, warte mal, das ist doch Lawinky." Starren auf die nächste Einstellung. "Ja, doch das ist Thomas Lawinky!"
Und richtig, den heimlichen Helden der Stadelmaier'schen Spiralblockaffäre und Edelkrawallero des Leipziger Centraltheaters hat es ins beschauliche Münster verschlagen, auf dass er die sonntagabendliche Mattscheibe mit etwas Verbrechercharisma erfülle.
20:30 Uhr
"Das Dumme an Auftritten von Theaterschauspielern im 'Tatort' ist ja, dass man immer schon weiß, dass sie die Täter sind."
"Also wenn das stimmt, und Lawinky der Täter ist, dann gibt das einen Blog."
"Na, muss nicht."
"Doch, das machen wir."
20:38 Uhr
"Aber dann brauchen ein Foto."
"Ganz schön eigentlich, aber unscharf."
"Wenn Lawinky am Schluss festgenommen wird, kriegen wir ihn bestimmt noch mal groß ins Bild." Kühne Prognose. Die Kamera bleibt von nun an permanent schussbereit in der Hand.
20:55 Uhr
Szene auf einer Bank in der JVA Münster. Lawinky unterstützt den Komissar mit Informationen über die Alkoholsucht des Opfers.
"Ich habe Lawinky schon mal ziemlich blau im 'Kirschgarten' von Hartmann gesehen."
"Gespielt oder echt?"
"Wirkte nicht gespielt."
21:19 Uhr
Szene im Gefängnistrakt der JVA Münster. Die Indizien verdichten sich. Lawinky wird mit Material über einen ermordeten und später mumifizierten Ex-Gefangenen konfrontiert.
21:31 Uhr
Szene in der Gerichtspathologie. Lawinky gibt sich einem anderen, lange Zeit tatverdächtigen, tatsächlich aber längst geläuterten Ex-Gefangenen und einer reizenden Obduktionsassistentin als tatsächlicher Mörder zu erkennen. Eine Geiselnahme schließt sich an, mitsamt einer rasanten Verfolgungsjagd in deutschen Markenautomobilen. Unsere Kamera kommt nicht hinterher. Und auch die kühne Foto-Prognose trifft nicht zu. Ein Schlussbild mit Close-up des reuigen oder uneinsichtigen oder bemitleidenswerten oder zynisch-lächelnden oder gebrochenen oder nietzscheanisch die Welt verhöhnenden Täters Lawinky gönnt uns dieser "Tatort" nicht. Trotzdem hoher Genussfaktor.
Christian Rakow, 23:15 Uhr